Der große Google+ Plan

Google Plus LogoAm vergangenen Wochenende war es genau ein Jahr her, dass Google mit „The Google+ Project“ den ersten Schritt in Richtung eines eigenen Social Media Projektes gemacht hat. Seither hat Google mit einer enorm hohen Schlagzahl an Updates und Veröffentlichungen Ihren Dienst Google+ auch in der allgemeinen Öffentlichkeit bekannt gemacht. Eine solche Marketingoffensive gab es bislang noch für kein anderes Google Produkt außer dem hauseigenen Internetbrowser Chrome. Doch was verspricht sich Google von dem neuen Zuwachs in der Produktpalette?

Die Google+ Roadmap

Wie ich in der folgenden Infografik dargestellt habe, ist seit der Einführung des +1 Buttons am 28. März 2011 viel Anstrengung seitens Google unternommen worden, um den eigenen Social Media Dienst populär zu machen. Zunächst hat man nach Livegang des Projektes, am 23. Juni, einige Opinion Leader eingeladen, einen ersten Blick in das für die Öffentlichkeit noch geschlossene Google+ Projekt zu werfen. Jeder von Ihnen bekam die Möglichkeit, 150 Einladungen an Freunde und Bekannte zu verteilen. Die Nachfrage nach einer Einladung war enorm.

16 Tage nach Livegang hatte man bereits die 10 Millionen Nutzergrenze überschritten. Schneller als es die Social Media Pioniere Twitter und Facebook erreichen konnten. Der Weg in Richtung der heutigen Facebook Nutzerzahlen von über 900 Millionen Usern war und ist jedoch noch weit. Nachdem das Produkt Google+ am 21. September 2011 für jedermann geöffnet wurde liegt man Stand heute bei über 170 Millionen Nutzern.

Google+ Infografik

Selbst das heiligste aller Google Produkte, die eigene Suche, wurde mit der Einführung von „Search Plus your World“ zum Marketinginstrument. Seit dem 9. Januar diesen Jahres werden Inhalte von Usern aus eigenen Kreisen in der organischen Suche prominent dargestellt. Diese sehr umstrittene Änderung stellt einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Social Networks dar. Am 28. Februar wurde dann mit „Google+ Nina“ auch in Deutschland ein Werbespot ins Fernsehen gebracht. Das Amerikanische Pendant war ab dem 23. November 2011 im US-Fernsehen zu sehen.

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In den letzten Wochen wartete Google mit den bislang letzten Änderungen auf. Seither wird, sofern Google die Information vorliegt, das Google+ Profilbild des Autoren in den SERPs angezeigt. Weiter wird bei der Suche nach einem Nutzer ein kleiner Ausschnitt seines Google+ Profils über den Adwords angezeigt. Mit dem Relaunch der Google+ Oberfläche am 11. April 2012 tat sich Google zwar optisch keinen Gefallen, trug jedoch ein kleines Stück mehr zur Bekanntheit in der breiten Bevölkerung bei.

Die Vorteile eines eigenen Social Networks

Das Google+ in diesem Jahr eines der Prio-Themen bei Google ist, ist nach diesem Auftakt ziemlich wahrscheinlich. Doch was versprechen sie sich von ihrem neuen Produkt?

Google will Anteile im Netz zurückgewinnen

Facebook und andere Social Media Dienste haben das Internet revolutioniert wie kaum ein anderes Produkt zuvor. Die Art, wie wir die neuen Medien nutzen, hat sich von einer eher passiven hin zu einer aktiven Kommunikation entwickelt. Für die „Generation Facebook“ stellt Google nichtmehr den einzigen Zugang zu Inhalten im Netz dar. Facebook bietet mit seinem sozialen Ansatz für seine Nutzer sogar personalisierte Informationen und Empfehlungen, die so über Google und den derzeitigen Algorithmus nur bedingt zu finden sind.

Aber Facebook ist für seine Nutzer nicht einfach nur ein Tool um Informationen zu erhalten, es ist Teil unseres Kommunikationsaparates geworden. Wir tauschen uns über Facebook aus, verbringen unsere Freizeit in unserem virtuellen Freundeskreis oder verfolgen das Tagesgeschehen. Durchschnittlich verbringt ein Nutzer etwa 16 Minuten am Tag bei Facebook – auf Google verbringt er im Schnitt nur etwa 12 Minuten obwohl Google mit rund 40 Millionen Nutzern pro Monat die meistbesuchte Webseite der Welt ist. Facebook kommt nur auf etwa 25 Millionen Nutzer pro Monat.

Derzeit sieht es jedoch noch nicht danach aus, dass Google mit dem Google+ Projekt wirklich Anteile im Netz zurückgewinnen kann. Aktuelle Studien zeigen, dass Nutzer auf Google+ etwa 0,5h im Monat, bei Facebook jedoch 8h im Monat verbringen. Dies ist wahrscheinlich dem momentanen Nutzerprofil geschuldet. Spötter behaupten, dass Google+ das Social Network der Online Marketeer ist.

Google will Umsätze steigern

Die neue, kostenpflichtige Änderung von Googles Product Search hin zu Google Products zeigt, dass auch Google als börsennotiertes Unternehmen natürlich daran interessiert ist, seine Umsätze zu steigern. Eine der größten Einnahmequellen von Google ist derzeit das Werbenetzwerk AdWords. Auch Facebook monetarisiert sich zu einem erheblichen Anteil über Werbeeinnahmen. In den USA werden 28% aller Werbebanner auf Facebook geschaltet und nur 5% in der Suchmaschine von Google.

Die persönlichen Daten, die ein Soziales Netzwerk von seinen Nutzern hat, eignen sich ideal um Streuverluste von Werbekampagnen zu minimieren und die Werbeaussagen wesentlich selektiver an die Zielgruppe zu bringen. Dennoch erwirtschaftet Facebook derzeit nur 4,50$ pro Nutzer pro Jahr. Google hingegen schafft einen Umsatz pro Nutzer von 38$ pro Jahr. Die Erfahrungen, die Google in der Vergangenheit und in zahlreichen Tests mit seinen AdWords gemacht hat, kämen ihnen mit einem eigenen Sozialen Netzwerk sehr entgegen.

Google will seinen Suchalgorithmus erweitern

Wie schon seit langem unter uns SEOs diskutiert wurde, können soziale Metriken ein neues, demokratischeres und schwerer zu manipulierendes Signal zur Bewertung von Inhalten darstellen. Die Vorteile, die diese Metriken mit sich bringen, möchte auch Google für sich nutzen ohne in eine zu starke Abhängigkeit zu Facebook, Twitter oder anderen sozialen Diensten zu gelangen. Die Entwicklung eines eigenen Social Networks ist die logische Konsequenz.

Google späht bekannterweise schon seit längerem nach den Daten der Nutzer ihrer Dienste. Schaut man sich das „not provided“ Update von Oktober 2011 an, bei dem Google die gesuchten Keywords eines eingeloggten Nutzers nicht mehr in das Google Analytics Tool überträgt, kann man, laut aktueller Daten, davon ausgehen, dass je nach Themengebiet nur etwa 10-20% aller Nutzer der Google Suche diese im eingeloggten Zustand nutzen. Demnach hat Google derzeit nur etwa 20% der Daten seiner Nutzer. Mit einem eigenen Sozialen Netzwerk würde man die Anzahl der eingeloggten Nutzer erheblich steigern und auch weit mehr personenbezogene Daten erhalten.

Googles Probleme

Das größte Problem, dass Google beim Aufbau eines eigenen Social Networks haben könnte, ist die starke Konkurrenz seitens Facebook. Wie Danny Sullivan gerade im Interview mit Rand Fishkin meinte, hat ein Facebook Nutzer derzeit keine Veranlassung zu Google+ zu wechseln:

People are happy using Facebook, so they’re not going, „Oh, you know what? I should go use some Google+ now.“

Ein weiteres großes Problem besteht meiner Meinung nach im eigenen Image. In der breiten Bevölkerung ist Google neben der eigenen Suchmaschine in der Vergangenheit auch mit Negativschlagzeilen rund um Lizenzrechte und Datenschutz aufgefallen. Der ewige Streit mit Verlegern großer und kleinerer Deutscher Zeitungen, die Ihre Inhalte nur ungern in der Suchmaschine aggregiert wiederfinden oder das „versehentliche“ Mitschneiden des Datenverkehrs ungeschützter WLAN-Netzwerke wärend der Streetview-Aufnahmen sind nur einige Beispiele, die Google zum Spitznamen „Datenkrake“ verholfen haben.

Internetnutzern persönliche Daten zu entlocken ist in der sozialen Interaktion sicherlich ein Stück einfacher als über ein schnödes Formular. Es wird sich zeigen, ob Google das Vertrauen der Nutzer durch eine höhere Transparenz und positiveren Meldungen wiedergewinnen kann.

Ein generelles Problem, welches alle Sozialen Netzwerke betrifft, ist der Umgang mit den gespeicherten persönlichen Daten. Gerade bei uns in Deutschland ist die informationelle Selbstbestimmung ein, in der Vergangenheit durch Datenschützer hart erkämpftes Recht, das so schnell nicht wieder hergegeben wird.

Fazit

Mit der erfolgreichen Einführung von Google+ wird Google wahrscheinlich einen weiteren Meilenstein in der Evolution Ihres Suchalgorithmus setzen und die Lücke zu Konkurrenten wie Bing noch etwas größer werden lassen. Google würde allerdings auch seine Monopolstellung im Internet weiter ausbauen und damit auch die Abhängigkeit vieler Nutzer in die eigenen Tools stärken. Was es heißt, allein von Google abhängig zu sein, haben in den letzten Monaten viele SEOs zu spüren bekommen.

Von Stefan Köhn

Meine ersten digitalen Spuren habe ich 2002 hinterlassen. Seitdem habe ich in vielen bekannten und weniger bekannten Unternehmen die digitale Strategie mitbestimmt. Dazu zählen DaWanda, Mister Spex, McMakler, BMI Group, Flächenmakler, Wishly uvm. Aktuell arbeite ich als VP Marketing bei Patient21. Außerdem greife ich aufstrebenden Unternehmen mit meiner Expertise gern als Business Angel unter die Arme.

3 Antworten auf „Der große Google+ Plan“

Nutze Google+ erst seit einigen Tagen und muss sagen, dass ich überrascht bin, was dort alles geboten wird. Hätte ich anfangs gar nicht mit gerechnet. Mal sehen, wie das in den nächsten Monaten aussieht und was einem in Zukunft dort alles geboten wird.

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